Einmischen statt Rummaulen!

Eigentlich wollte er nur Projekttage in der Schule organisieren. Doch dann fing Björn Adam Feuer. Heute gestaltet der 26-jährige Politik in Lüneburg – als Stadtrat und Vorsitzender des Stadtjugendrings. Ein Gespräch mit einem Musterbrecher, der so gar nicht in das Bild des politikverdrossenen Nachwuchses passen will.

Wichtig watscheln

Wenn es um die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft geht, werden meist Beteiligung und Mitbestimmung als zentrale Voraussetzungen hervorgehoben. In der Tat reicht es nicht aus, alle paar Jahre ein Kreuzchen zu setzen und uns in der Zwischenzeit darauf zu verlassen, dass es die Politik schon richten wird. Eine gute Gesellschaft muss von denen gestaltet werden, die täglich in ihr leben. Umso erfreulicher, dass immer mehr Menschen mit Hilfe von Protesten, Bürgerinitiativen oder Petitionen ihrer Stimme Gehör verleihen und so versuchen Politik zu beeinflussen. Nur der klassische Weg zur Mitbestimmung scheint immer unpopulärer. Die großen Parteien verlieren stetig Mitglieder und somit Menschen, die daran glauben, Gesellschaft auf diese Weise mitgestalten zu können. Zu abstrakt erscheint in solch großen Organisationen die Mitbestimmungsmöglichkeit des Einzelnen; zu abschreckend der Gedanke an die Ochsentour. Heute treffe ich einen jungen Lüneburger, der zeigt, dass es auch anders gehen kann.

Aufgewachsen in einem politischen Elternhaus wird Björn schon früh für die Themen Ökologie und Nachhaltigkeit sensibilisiert. Mit 15 Jahren tritt er der Grünen Jugend bei und gründet einen neuen Kreisverband. Zum Schlüsselerlebnis wird die Idee eine schulische Projektwoche zu veranstalten, die von den Schülern selbst organisiert wird. Trotz Vorbehalten vonseiten der Lehrerschaft, schafft es Björn, gemeinsam mit einem Freund, die Schulleitung vom Projekt zu überzeugen und die Projekttage mit großem Erfolg durchzuführen. Mit seinen 16-Jahren hat Björn zum ersten Mal das Gefühl ernst genommen und für seine Leistungen anerkannt zu werden. Davon motiviert gründet und leitet er eine Schülerzeitung, deren Ausgabe über Zivilcourage mit einem Preis des Bundesfamilienministeriums ausgezeichnet wird.

Nach seinem Zivildienst in einem Jugendzentrum zieht es ihn nach Lüneburg. Er beginnt ein Bachelor-Studium in Wirtschaftsrecht und Nachhaltigkeit, fängt an sich in der Hochschulpolitik zu engagieren und zieht ins Studierendenparlament ein. Gleichzeitig wird Björn bei den dortigen Grünen aktiv und zum Vorsitzenden des Stadtjugendrings gewählt. Bei den Kommunalwahlen im Herbst 2011 beschert dem damals 23-Jährigen dann das gute Abschneiden der Grünen etwas ungeplant sowohl einen Sitz im Stadtrat als auch im Kreistag.

Nun kann er ganz konkret Politik mitgestalten und konzentriert sich auf die Stärkung der Jugendarbeit sowie die Mitgestaltung von Jugendlichen. Doch dann spürt Björn eine Distanz des politischen Betriebs zur Stadtgesellschaft. Er begreift wie weit die Politik von den Bedürfnissen der Menschen entfernt ist und wie wenig wirkungsvoll deshalb viele politische Entscheidungen sind. So wächst in ihm der Wunsch zu zeigen, dass echte Veränderung nur möglich wird, wenn die politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure aufeinander zugehen und gemeinsam an den Problemen arbeiten. Deshalb engagiert er sich in und für diesen Schnittbereich, bringt Entscheider und Betroffene an einen Tisch und versucht zu vermitteln.

Er fliegt nun ziemlich hoch. Björn versteht, dass er in seiner Position Einfluss in der Kommunalpolitik ausüben kann. Eine professionelle Politkarriere scheint nicht mehr undenkbar. Doch hier zeigt sich, was ihm wirklich wichtig ist. Denn es geht es ihm nicht so sehr darum, in der Partei aufzusteigen und beispielsweise ein Bundestagsmandat anzustreben. Vielmehr möchte er etwas bewegen und echte Veränderungen begleiten. Im Bundestag wäre er einer unter 600 Abgeordneten, ggf. in der Opposition und letztlich wieder weit von denjenigen entfernt, die die Entscheidungen der Regierung wirklich betreffen. So konzentriert er sich lieber auf die Lokalpolitik, in der er seine Themen viel konkreter angehen und die  Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft sinnvoll zusammen bringen kann.

Da ihm seine anderen Lebensbereiche ähnlich wichtig sind wie sein politisches Engagement, tritt er vom Kreistagsmandat zurück. Auf diese Weise findet er wieder mehr Zeit für sein Privatleben und das inzwischen angetretene Masterstudium. An Björns Beispiel lässt sich gut zeigen, dass Mitbestimmung nach wie vor noch über ein parteipolitisches Engagement möglich ist. Daneben widerlegt er das Vorurteil, dass Bürger, die sich erfolgreich im Politikbetrieb einbringen, zu karrierefokussierten Machtmenschen mutieren. Natürlich genießt Björn die Anerkennung des Amts und weiß den damit einhergehenden Einfluss zu schätzen. Jedoch möchte er diesen nicht dafür nutzen, um persönliche Vorteile zu erzielen. Vielmehr will er zeigen, wie gelungene Kooperation von Politik und Zivilgesellschaft aussehen und damit echter Wandel möglich werden kann.

Plädoyer - Möglichkeiten nutzen

Eine Elite, die keine ist